Schauspielausbildung

Pauline Cebulla: Mein Probesemester an der Theaterakademie Köln

Seit dem Sommersemester 2018 gibt es an der Theaterakademie Köln das Probesemester, eine Art halbjähriges Aufnahmeverfahren. Wie sich dieses halbe Jahr Schauspielausbildung auf Probe aus Sicht der ersten Kandidatin Pauline Cebulla anfühlte, hat sie hier für euch aufgeschrieben.

Fassungslose Freude, blanke Panik.

Als ich die Zusage für diese Chance bekam, gingen in mir gleichzeitig zwei Dinge los: fassungslose Freue, und blanke Panik.
Ich hatte zwar schon die Zusage für eine andere Schule bekommen. Dennoch liebäugelte mein Herz eindeutig mit der Theaterakademie Köln. Mein Verstand wechselte im Minutentakt die Perspektive von “Hey, ich habe ein ganzes Semester lang Zeit, um mich zu beweisen!” zu “Oh. Ich muss mich ein ganzes Semester lang beweisen..”. Dass auch ich die Schule ausprobieren würde, kam mir zunächst eher selten in den Sinn.
Doch all die Sorgen, die mich umtrieben, ob meine Mitschüler mich als vollwertiges Mitglied ihres Semesters behandeln, oder ob die Dozenten mich strenger bewerten würden, verflüchtigen sich mit dem Semesterbeginn sehr rasch. Ich glaube, es hat kaum die erste Woche lang gedauert, bis wir “Erstis” verstanden haben, dass hier jeder sofort und von allen erstmal freudig im Kreise des TAK-”Alltags” begrüßt wird.

Es wäre gelogen, wenn ich behaupten würde, dass ich nicht unterschwellig noch die Angst hatte, die anderen könnten zu dem Schluss kommen, dass ich nicht hierher gehörte. Aber im Verlauf des Semesters, mit all den Erfahrungen die ich gemacht habe, und den Fragen, die sich damit für mich auftaten, hat sich dieses Gefühl gewandelt. Und allmählich ging es nicht mehr primär darum, ob die Dozenten meinen würden, ich gehöre an die Theaterakademie Köln oder nicht. Sondern um mein Gefühl, hierher zu gehören.

Hey, ich habe ein ganzes Semester lang Zeit, um mich zu beweisen! Oh. Ich muss mich ein ganzes Semester lang beweisen…

Der Wunsch, die Entscheidung Schauspielerin werden zu wollen, ist nie nur eine berufliche. Es ist vor allem eine persönliche. Es ist die Entscheidung für einen Weg, der sich durch alle Lebensbereiche zieht und einen zu gleichen Teilen bis ans Maximum fordert und bereichert. Dass das so ist, ist einer der Hauptgründe, warum ich Schauspielerin werden möchte. Das ist auch die Brille, durch die ich mein Probesemester betrachtet habe. Ich hatte die Gelegenheit herauszufinden, wie sich dieser Weg für mich anfühlt und lebt.

absolvierte als erste Schülerin das Probesemester der Theaterakademie Köln - Pauline Cebulla

Schauspielschülerin Pauline Cebulla // Foto: privat

Ich habe aufgehört zu versuchen und angefangen zu machen.

Was ich gesehen, oder viel besser, erlebt habe, hat mich genau da berührt. Egal in welchem Unterricht, die Themen, Herausforderungen und Aufgaben sind immer durch das oberflächliche “das solltet ihr nach vier Jahren beherrschen” bis in mein innerstes “ich will, dass es zu meinem eigenen wird” vorgedrungen. Und nichts anderes wünsche ich mir von einer Schauspielausbildung. Und mit dieser Erkenntnis hat sich mein Selbstgefühl, mit dem ich jeden Tag zur Schule gekommen bin, verändert. Ich hatte (habe! ) endlich den Eindruck an einem Ort zu sein, an dem ich das “Lebensfutter” bekomme, nachdem ich mich gesehnt habe. Und ich habe aufgehört zu versuchen, und angefangen zu machen. Aufzusaugen. Zu genießen.

Hier zählt der Mensch.

Und ich glaube, dass ist tatsächlich der beste Weg durch so ein Probesemester: was einem Angeboten wird in vollen Zügen zu genießen. Das ist natürlich mein subjektiver Blickwinkel. Wir tragen alle verschiedene Brillen. Aber wenn ich mich so in meinem Semester umschaue, dann hat das erste halbe Jahr bei jedem dort angeklungen, wo er oder sie es brauchte. Wenn er oder sie denn wollte, denn das ist vielleicht das einzige, was man wirklich mitbringen muss: man muss es wollen. Offen sein. Neugierig. Schließlich geht man nicht stupide ein Ausbildungsmuster durch und passt sich diesem an, sondern das Muster prägt den eigenen Weg, folgt der persönlichen Maserung und verändert sie. Da muss man schon selbst gehen wollen, kreieren und wachsen. Überstülpen funktioniert im Schauspiel nicht. Das habe ich verstanden. Hier zählt der Mensch.

Und auch wenn ich zu Beginn dachte, die Theaterakademie Köln probiert mich aus, wäre mein Probesemester wohl nie erfolgreich verlaufen, wenn ich nicht angefangen hätte, die TAK auszuprobieren, mich an dieser Schauspielschule auszuprobieren, ganz unvoreingenommen.

Pauline teilt Schauspiel- & Poetry Slam-Erlebnisse unter abstr_akt auf Instagram // Foto: Sulaiman Masomi

Und eben weil hier der Mensch zählt, die Persönlichkeit, die den Versuch wagt, konnte ich erst meinen Mensch, meine Persönlichkeit zeigen und zulassen, dass man sie sieht. Hier besteht eben kein zweigeteiltes System des Lehrens und Lernens. Vor allem ist ein Raum fürs gemeinsame erarbeiten und kreatives Schaffen gegeben. Daran musst ich mich erstmal gewöhnen. Entwöhnen möchte ich mich absolut nicht mehr.

Und das spiegelt sich auch in der Atmosphäre der Schule wieder. Verschiedene Semester, Unterrichte, Schüler oder Dozenten – die “Trennungen” sind eher förmlicher Natur. Tatsächlich sind alle Themen übergreifend und alles durchdringend. Die Menschen sind nah beieinander und am gleichen Ende des Stranges.

Und das macht vor allem eines: unglaublich viel Spaß.


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