Schauspielausbildung

„Ich bereue nichts. Nur Mut!“

Du möchtest wissen, warum sich Schauspielschülerin Tatiana Feldman für eine Schauspielausbildung an der Theaterakademie Köln entschieden hat und was sie bisher an der TAK alle erlebte? Dann solltest du diesen Artikel von Tatiana unbedingt lesen!

Als mein Schulleiter mich fragte, ob ich nicht für den TAKblog über meinen Werdegang schreiben möchte, dachte ich „yeah!“ Zwei Sekunden später kam auch schon die erste Schweißperle, verbunden mit der panischen Frage nach dem „Wie?“ Wie kann ich mein Leben, meine Entscheidungen und Erfahrungen in Worte fassen? Ich habe mich für den Schnelldurchlauf entschieden.

Eine gerade Linie war für mich immer nur auf meinem Zeichenpapier relevant. In meiner Schulzeit bin ich schon mal den ein oder anderen Umweg gegangen. Im Grunde kam bei mir immer wieder die selbe Frage auf: „ Warum bin ich gezwungen, mich an einem Schulsystem zu richten, in dem ich für mein Empfinden darauf angewiesen bin, still den Meinungen Anderer zu folgen, mich anzupassen und Wissen in mich hinein zu pressen, das für mich in einem anderen Kontext viel entscheidender gewesen wäre?“Für mich war nämlich immer klar, was ich wollte: kreativ sein…egal wie. Das „egal wie“ änderte sich ziemlich schnell, als meine Mutter anmerkte, ich würde gehen wie ein Junge. Klingt witzig, war witzig, die Lösung dafür, der Brüller.

Sie meldete mich in einem Verein für Latein-amerikanischen Tanz an. Was als gute Möglichkeit meinen Gang zu verbessern anfing, ging in Freude über und nach einem Tanztheaterprojekt für Jugendliche der von mir hochgeschätzten TänzerInnen Geraldo Si, Nadja Varga und Hilke Kluth manifestierte sich der Tanz so tief in meinem Herzen, dass schnell klar war: Ich werde Tänzerin. Das Tanztheater hatte mich komplett in seinen Bann gezogen, die Verbindung von körperlichem Ausdruck, Sprechkunst und Präsenz auf der Bühne machen für mich bis heute eine gewisse Perfektion aus. Eine Form, die darauf ausgerichtet ist, abhängig zu sein von seinen Facetten. Alles ist gerechtfertigt, alles gleichberechtigt, nichts steht über dem Anderen und alles steht für das große Überziel.

Und wie das so ist mit den Träumen, stand ich irgendwann an dem Punkt der Abzweigung. Entweder machen oder sich fragen „Was wäre wenn“ Ich brach also meine Ausbildung zur Mediengestalterin ab, trainierte, spielte im Theater, in Kurzfilmen oder fürs Fernsehen, versuchte mich möglichst breit gefächert in diesen Bereichen zu bewegen und wurde schließlich an der HfMT Köln im Bereich Bühnentanz angenommen.

Tatiana Feldmann über Ihre Zeit vor der Schauspielausbildung an der Theaterakademie Köln

Bild: Renato Martins

Das Ding mit der Medaille

Jede Medaille hat zwei Seiten und meine zweite war, dass –  so sehr ich auch wollte – so sehr wollte mein Körper nicht und ich kam auf ein Leben gerechnet schnell an dem Punkt an, an dem ich entscheiden musste, wie es weitergehen sollte. Lange Rede, kurzer Sinn: Mit der stetigen Angst, ich könnte nach dem Studium gar nicht erst anfangen zu arbeiten, musste ich gehen. Ich bin ehrlich: so eine Entscheidung zu treffen ist nie einfach, egal was man macht und an welchem Punkt seines Lebens man steht. Die ersten Monate waren hart, ich fiel in ein Loch und das Einzige, das mich immer wieder über Wasser hielt, war die Zuversicht, dass ich aus dem Bauch heraus entschieden habe. Gerade bei all der tänzerischen Arbeit habe ich gelernt, auf das zu vertrauen, was mein Körper mir sagt – sei es das Schmerzempfinden, die Gesamtverfassung oder der emotionale Zustand. Man wird sensibler, aufmerksamer.

Ich fing an viel zu arbeiten, in den unterschiedlichsten Bereichen, ich kellnerte, übernahm Führungspositionen, spielte weiterhin fürs Fernsehen und für die Oper. Und dann war sie da, die neue Möglichkeit. Ich bekam das Angebot, als Festcast in eine Vorabendsendung einzusteigen und ich sagte zu. Ich lernte, was es bedeutet, täglich vor der Kamera zu stehen, spontan und flexibel zu sein, auch über seine persönlichen Grenzen hinaus zu arbeiten und alles aufzusaugen an dem ich wachsen konnte. Ich wurde wieder offener dem Schauspiel gegenüber, das ich zu Gunsten des Tanzes beiseite schob.

Nach zwei Jahren wurde ich schwanger und verabschiedete mich in den Mutterschutz. Soweit so gut…….müsste man meinen! Ich genoss die Zeit mit der Kleinen, denn ganz besonders in dieser Beziehung konnte ich immer wieder Neues lernen, für mich, mit ihr zusammen. Ich verstand ansatzweise, was es bedeutet an den richtigen Stellen die richtigen Prioritäten zu setzen, Verantwortung weniger zu übernehmen als sie zu haben, immer und überall. Auch mal egoistisch sein um sich selbst nicht zu verlieren. Und an genau diesem Punkt blieb ich stecken, denn für mich war klar, dass Mutter zu sein nicht die letzte Entwicklung in meinem Leben sein würde.

Meine Mutter hat mir in der Vergangenheit immer wieder gesagt, ich würde Schauspiel studieren, ich hab sie jedes Mal aufs Neue dafür belächelt. Aber was soll ich sagen, Mamas haben halt immer Recht. Ich kann nicht erklären, wie und wodurch ich auf ein Mal den starken Drang hatte, ich würde mal schwer behaupten aus dem Bauch heraus, und nach mehreren Posts eines alten Arbeitskollegen, Emre Kubat, der mittlerweile selbst seinen Abschluss an der Theaterakademie Köln gemacht hat, wusste ich, entweder diese Schule oder keine.

Mein Start an der TAK

An meinen StartUp Workshop selbst erinnere ich mich kaum, umso mehr aber an eine kleine Gruppe unglaublich herzliche Dozenten, eine entspannte Atmosphäre und wohlwollende Augen. Als ich am späten Nachmittag vor dem Auswahlkomitee saß, mit Schulleiter Robert Christott voran, war eine der entscheidenden Fragen, ob ich mir bewusst bin, dass es mit einen kleinem Kind schwierig sein kann und ob ich weiß, was auf mich zukommt. Ich wusste es. So sehr, dass ich im Nachhinein das Gefühl habe, das „Ja“ herausgeschrien zu haben. Mittlerweile bin ich mir mit einer Sache sicher: Es braucht nur einen Menschen, der an dich glaubt, und du wirst über dich selbst hinaus wachsen.

Tatiana Feldman über Ihre Zeit an der Theaterakademie Köln

Bild: Neue Bilder (Simon Howar)

 

Es braucht nur einen Menschen, der an dich glaubt, und du wirst über dich selbst hinaus wachsen.

Und dann stand ich da,  an einem neuen Lebensweg. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand komplett ohne Angst oder Zweifel in so einen Weg einsteigt, aber es mag auch solche Menschen geben. Ich hatte sie, die Angst. Alleine mit Kind, mittlerweile zurück in meiner Heimatstadt Wuppertal, jeden Tag pendeln, doppelte Belastung, finanzieller Status. Es gab einen Augenblick, da stand ich draußen mit meiner Dozentin Ragna Kirck. Ich war fertig, komplett übermüdet und wusste nicht, wo oben und unten ist. Und ich fragte sie „ Ragna, wie schaffst du das alles? Mit Kind, alleine, Dozentin, Theaterleitung?“ Sie sagte etwas, für das ich bis heute so dankbar bin wie kaum etwas. „Gar nicht!“

Ab diesem Zeitpunkt habe ich angefangen zu lernen, dass ich nicht perfekt sein muss, nicht immer alles schaffen muss und schon gar nicht für Jeden. Solange ich immer dran bleibe, alles gebe und Fehler zulasse, wird es das Beste von mir sein. Ich habe gelernt, die Augen aufzumachen für die wichtigen Dinge, zu genießen… „Scheiter heiter“ hat eine Schauspielerin – mit der ich arbeiten durfte – mal gesagt. Ich glaube, dass darf man gerne aufs Leben übertragen.

Semester 3. Es hat sich einiges gelegt aber noch mehr Neues aufgewirbelt. Ich habe viel über mich gelernt. Bin dankbar für so vieles. Es gibt bestimmt viele tolle Schulen aber mittlerweile habe ich verstanden, warum mein Gefühl mich an diese Schauspielschule gebracht hat. Ich bereue keine einzige Sekunde. Das tut gut. Noelle Fleckenstein und ich bekommen das Go für das Regieprojekt der jungen Theatergemeinde Köln in Zusammenarbeit mit der Theaterakademie Köln und dürfen in einen Zweig reinschnuppern, der bis jetzt nie wirklich im Vordergrund stand. Ein eigenes Team zusammenstellen, ein eigenes Stück entwickeln, Schauspieler suchen, Probenpläne zusammenstellen, und das begleitet und unterrichtet von zwei großartigen DozentInnen. Ragna Kirck und Tim Mrosek. Es wird „Nicht Jetzt!“ heißen.

Semester 4. Zwischendiplom: check!

„Nicht Jetzt!“ hat vier wundervolle Aufführungen hinter sich und wir um extrem viel Erfahrung und neu geöffnete Türen reicher. Ich habe meine erste Rolle im Stück „Als Louisa plötzlich Louis war“ unter der Leitung von Thandiwe Braun am Casamax Köln.

Semester 5. Ich merke immer wieder, wie sich Sachen, die ich im ersten und zweiten Semester gelernt habe, setzen. Verrückt oder? Wenn man am Anfang des ersten Semesters steht, bekommt man so viel Input und Motivation, kann es kaum erwarten selbst auf die Bühne zu gehen, muss aber erst mal extrem viel sortieren, nicht nur schauspielerisch, sondern vor allem sich Selbst.

Ein paar Semester vergehen und man merkt wie sich all die kleinen Mosaiksteinchen zu einem Bild formen. Langsam. Alles braucht Zeit, und Zeit erfordert Geduld.

Semester 6. Es geht voran! Endlich kann ich wieder in einem professionellen Rahmen spielen und tanzen. Nach einer neuen Kooperation zwischen dem Theater Hagen und der TAK habe ich mittlerweile zwei Engagements. Als Schauspielerin/ Tänzerin im Stück „Die Eiskönigin“ unter der Leitung von Anja Schöne und als Tänzerin im Stück „ Take A Walk On The Wild Side“ unter der Leitung von Thilo Borowczak.

Zwischendiplom an der Theaterakademie Köln

Bild: Robert Christott

Die Unterrichtseinheiten werden immer intensiver, die Gruppe kleiner. Ich sauge alles in mich auf, scheitere, gehe weiter, feiere Erfolge, feiere Fehlschläge, es geht voran!

Es ist der 14.7.2018, 00:11 Uhr. Semesterferien. Ausatmen. Reflektieren. Revue passieren lassen. Fazit: Ich hatte nie den wirklich geraden Weg. Habe mich bewusst und unbewusst ich vielen Sachen ausprobiert, lernte zu vertrauen. Ich hatte das übergroße Ziel vor Augen. Ich habe eine Schauspielschule gefunden, die ihr Vertrauen in mich setzt oder vielleicht war es auch die Schule die mich gefunden hat. Ich habe immer auf meinen Bauch vertraut.

Ich bereue nichts! Nur Mut.

von Tatiana Feldman

Teaserbild: Renato Martins

Tatiana Feldman als Amalia in Schillers "Die Räuber", Regie Francis Hüsers, Fotos: Klaus Lefebvre

Tatiana Feldman als Amalia in Schillers „Die Räuber“, Regie Francis Hüsers, Fotos: Klaus Lefebvre