Im letzten Beitrag auf dem TAKBlog erzählte uns Carina Mischke von ihrer ersten Theaterregie. Im Projekt „Ich glaub ich werd irre“ am Kölner Orangerie Theater ist sie als Assistentin von Regisseur Philipp Birkmann beteiligt. Wir haben beide gebeten, etwas zur Inszenierung zu schreiben. Mit dem Ergebnis hatten wir nicht gerechnet 🙂 Viel Spaß beim Lesen!
Carina: So. Ein authentisches Interview zwischen Philipp Birkmann und Carina Mischke. Was für Fragen willst du in diesem Text denn stellen?
Philipp: Irgendwelche Fragen, wo alle dann denken: Ah die sind ja lustig
Carina: Ah ja…
Philipp: Ist das doof?
Carina: Ne, wir sind halt generell sehr lustig, deswegen wird das bestimmt einfach.
Philipp: Die meisten haben bestimmt jetzt schon keinen Bock mehr, weiter zu lesen.
Carina: Meinst du? Also ich finde den Anfang ganz gut so.
Philipp: Okay Carina, Spaß beiseite, lass doch mal über das Projekt reden. Was machen wir überhaupt?
Carina: Das muss du doch am besten wissen.
Philipp: Stimmt, alles klar, Interview zu Ende.
(Beide lachen und finden sich super witzig.)
Carina: Jetzt mal im Ernst: Wie bist du auf die Idee gekommen, Ich glaub ich werd irre zu machen?
Philipp (Carina versucht frenetisch mit zutippen, während Philipp redet wie ein Wasserfall.): Wie bin ich darauf gekommen. Ich bin da eigentlich gar nicht drauf gekommen, sondern die Kids. Die Schüler*innen aus Mönchengladbach. Ich habe die Theatergruppe an meiner ehemaligen Schule übernommen. Die Kids haben gesagt, sie wollen was verrücktes machen. Zuerst kam dann Fack Ju Göhte. Eigentlich kommt immer erst mal Fack Ju Göhte. Nein, nicht Fack Ju Göhte, sag ich dann immer. Dann haben sie gesagt, sie wollen was verrücktes machen. Dann macht mal was verrücktes, habe ich gesagt. Alle haben angefangen irgendwie auszuflippen und ich habe gefragt: Aber ist das wirklich verrückt? Sind diese Menschen, die in einer Anstalt sind, wirklich einfach nur verrückt? Denken die von sich selber, dass sie verrückt sind? Was steckt wirklich dahinter.
Und dann haben die mich in den Wahnsinn getrieben, deshalb auch der Titel. Wir haben mit einer Szene angefangen. Die haben wir dann immer und immer wieder gespielt, immer in unterschiedlichen Rollen. Daraus hat sich dann das Stück entwickelt. Das haben wir aufgeführt und danach habe ich mich gefragt, wie geht es weiter? Das war dann Teil 2. In der Schauspielschule haben mein Semester und ich uns gefragt: Was wollen wir machen. Lass einen zweiten Teil machen. Aber versteht man den überhaupt, wenn man den ersten Teil nicht gesehen hat? Also lass uns doch beide Teile hintereinander aufführen. Somit war die Idee geboren. Das ganze war mehr ein Entstehungsprozess, als eine fertige Idee. Fand ich irgendwie auch spannender.
Aber jetzt bist du dran, Carina.
Philipp: Was unterscheidet uns denn von anderen Projekten?
Carina: Ich denke, das hast du gerade schon sehr treffend gesagt. Das ist ein Projekt, das durch einen gemeinsamen Prozess entstanden ist, aus reiner Motivation aller Beteiligten heraus. Ihr bekommt dafür kein Geld oder seid verpflichtet irgendetwas extra auf die Beine zu stellen, aber ihr macht das trotzdem. Einfach nur, weil ihr Lust darauf habt. Und natürlich unterscheidet dieses Projekt sich besonders durch die Anzahl an Darstellern von anderen. Nicht jedes Ensemble ist zweiundzwanzig Personen groß. Und dann kommen natürlich noch die Leute hinter den Kulissen dazu.
Philipp: warum hast du bei Ich glaub ich werd irre mitgemacht?
Carina: Weil ich Lust darauf hatte, auch noch neben dem Unterricht an spannenden Projekten mitzuwirken. Ganz einfach.
Philipp: Und was macht dich irre?
Carina: ASMR Videos. Und wenn mir jemand in der Bahn in den Nacken atmet. Da dreh ich total durch.
Es gibt einfach manche Ansagen in der Probe, die möchte ich nicht machen, weil wir Freunde sind
Carina: Was ist dein Plan, um die Premiere zu überleben?
Philipp: Das ist so eine schwierige Frage, boah ich weiß wirklich nicht. Ich habe gestern noch mit den Kids geprobt und gesagt: Ich sehe es wirklich kommen, dass ich kurz vorher einen Herzinfarkt bekomme. Jetzt kein Mitleidsbonus oder so, aber ich denk mir nur so, alles fängt an und ich werde da so sitzen an der Technik und werde einfach auf die Technik kippen und am besten geht dann noch das Licht aus. Oder kurz bevor der Endapplaus. Alle kriegen Applaus und auf dem Weg dahin krieg ich einen Herzinfarkt und alle so: Wo ist Philipp? Und ich liege da einfach so im Gang. Ich habe echt überlegt ob ich Baldrian mal ausprobiere
Carina: Ich bring dir Beruhigungstee mit.
Philipp: Oder Bier.
Carina: Du kannst ja so einen Helm aufhaben, wo an den Seiten die Bierdosen sind und dann hast du die ganze Zeit den Schlauch im Mund. Ich füll dann einfach immer nach.
Philipp: Und was machst DU, um das Ganze zu überleben?
Carina: Ähh….weiß ich nicht.
Philipp: Weil du bist ja schon mit schuld, wenn da was scheiße wird.
Carina: Ich weiß!
Philipp: Ich schiebe das dann schon auf dich. Wenn jemand sagt: „Scheiße Inszeniert“, sag ich: „Das war Carinas Idee.“
Carina: Ah so, ja cool, danke. Ich mache einfach weiter, als hättest du das gerade nicht gesagt.
Carina: Wenn du daran denkst wie alles angefangen hat, wie fühlt es sich jetzt an Ich glaub ich werd irre bald im Orangerie Theater zu sehen?
Philipp: Ey das ist so viel auf einmal. Auf einer Seite denke ich mir, Mega geil! Auf der anderen Seite: Schaffen wir das überhaupt? Und ich weiß jetzt schon das diese vier Vorstellungstage so schnell vorbei sein werden und was bleibt dann? Dann ist da plötzlich so in Loch. Einerseits geil, mal wieder etwas mehr Zeit zu haben, andererseits, was mach ich denn dann mit meinem Leben? Und bei dir so?
Carina: Ich finde es einfach krass, dass du es geschafft hast, so eine ‚kleine Idee‘ in so ein großes Theater zu bringen.
Philipp: Ja, wir haben als Schultheater angefangen und jetzt sind wir mit Ich glaub ich werd irre hier.
Carina: Viele Menschen gehen davon aus, das die Regie über den Schauspielern steht. Wie gehst du damit um, das dein Ensemble aus Freund*innen und Klassenkamerad*innen besteht?
Philipp: Ich finde es sehr sehr schwierig. Auch gerade Momentan in der Phase in der wir sind. Es gibt einfach manche Ansagen in der Probe, die möchte ich nicht machen, weil wir Freunde sind, die aber vielleicht notwendig sind auszusprechen. Dazwischen aber zu unterscheiden: Die musst du jetzt machen damit es gut weiter geht und welche lässt du weg, finde ich super schwierig.
Ich finde in diesem Zusammenhang das Wort ‚Director‘ eigentlich besser als Regisseur, wegen ‚Richtung weisen‘. Und meistens heißt es ‚Philipps Projekt‘ ich finde das irgendwie gar nicht so passend, weil wir haben an Ich glaub ich werd irre alle zusammen gearbeitet und das Projekt dahin gebracht, wo wir heute sind. Also natürlich auf eine Art und Weise schmeichelhaft, andererseits sind wir da alle dran beteiligt und jeder ist hier über seine Grenzen gegangen und wir ziehen da alle zusammen dran. Ist schon ziemlich weird. Ich würds aber nicht direkt empfehlen.
Carina: Denkst du, es wäre einfacher mit einem Ensemble zu arbeiten, das du nicht vorher persönlich kennst?
Philipp: Ich habe es immer gerne familiär muss ich sagen. Muss jetzt auch nicht unbedingt, aber ich denke, das hat schon Vorteile. Freundschaftlich kannst du auf anderen Ebenen arbeiten und anders miteinander arbeiten. Ich finds super, wen ein persönlicher Touch im Stück ist und das funktioniert halt nur so.
Carina: Wie fühlst du dich gerade?
Philipp: Weiß ich nicht. Heute ist ein bisschen weird, ich weiß gar nichts mehr. Ich fühle mich gerade: Weiß
Hi ich bin Philipp Birkmann, bin 22 Jahre alt (22.09.1997) und studiere zur Zeit Schauspiel an der Theaterakademie Köln. Geboren bin ich in Krefeld, aufgewachsen aber in Mönchengladbach, wo ich mein Abitur (2016) an der Bischöflichen Marienschule gemacht habe. Das Theater begleitet mich seit meiner Kindergartenzeit und wir haben uns trotz Pausen immer wieder getroffen. Zur Zeit spiele ich „Der Pakt“ im Casamax Theater und inszeniere mit freien Gruppen. Oft entwickeln wir zusammen und ich schreibe die Texte.
Infos & Tickets: https://www.orangerie-theater.de/programm/ich-glaub-ich-werd-irre/
17. Okt – 20. Okt
„Also wir, wir Realisten, sehen das ein bisschen anders.“
Kim wacht in einer Irrenanstalt auf und hat keine Ahnung wie sie dahin gekommen ist. Zwischen normalen Verrückten und verrückten Normalen suchen wir die Antwort. Ein irres Machtspiel zwischen Gut und Böse. Wie oft liegen wir falsch, wenn wir denken, wir wären unbeeinflussbar.
Einmal einen Schritt weiterdenken und den dann sogar weitergehen. Das war das Ziel, als alles anfing. Und die Schüler*Innen haben sich dies von Anfang an zu Herzen genommen. So entstand ein Projekt, in dem sich jeder/jede der Mitwirkenden wiederfinden kann. Was heißt das eigentlich, irre zu sein? Ständiges Hinterfragen und Ausprobieren.
Eine Stückentwicklung in zwei Teilen. Teil 1 entwickelt und verkörpert von Jugendlichen. Teil 2, entwickelt und gespielt von Schauspielstudierenden, zeigt die Charaktere Jahre später.
So entsteht ein magisches Zusammenspiel und ein buntes Geflecht aus Witz, Tragik und Philosophie. Inspiriert von jedem Einzelnen der 22 Darstellenden. Jeder hat gleich viel zu sagen, egal ob 14 oder 35 Jahre alt. Wir wollen zeigen, dass Meinung kein Alter hat.
Liste der Mitwirkenden:
Junge Kim: Sina Lammertz / Alte Kim: Paula Herrmann
Junge Luisa: Lili Better / Alte Luisa: Pauline Cebulla
Junge Oberpflegerin: Fides Heppner / Alte Oberpflegerin: Luise Ferneding
Junger Marcel: Lynn Beckers / Alter Marcel: Kristina Halmanns
Junge Zoe: Amelie Heß / Alte Zoe: Elena Fellisch
Junger Reimer: Carolin Hamacher / Alter Reimer: Anne Scarbath
Pfleger 2 (die Stimme): Darla Stenvers
Pfleger 1: Sophia Roßbach
Dr. Diffidentea: Katharina Saval
Der Geheimnisvolle: Isabelle Pitzen
Patient 1: Frederik Hamacher
Patient 2: Eva Weenen
Fin: Philippe Regniet
Leona: Franziska Linne
Michelle: Laura Sallfellner
David: Nils Wittlich
Es spielen: Drama Club der BMS Mönchengladbach und Schüler*Innen der TA Köln
Regie/Autor: Philipp Birkmann
Regieassistenz: Carina Mischke
Dramaturgie: Anna Sander
Projektleitung: Isabella Kolb
Licht: Tommy Vella
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