Kurzinterview,Regie

Selbstbestimmt Theater machen: Isabella Kolb und Michael Mayer über Regie

Ein Jahr Regie: Isabella Kolb und Michael Mayer sind gemeinsam das Duo der diesjährigen Regieklasse der Theaterakademie Köln. Zusammen mit ihrem Team erarbeiten sie seit September 2018 eine Stückentwicklung mit dem Titel „Das Salzbuckelparadigma“. Worum es dabei geht und was in den Köpfen von Isabella und Michael alles los ist, erfährst du im Kurzinterview im TAKBlog.

TAKBlog: Hallo Isabella und Michael. Ihr seid doch beide SchauspielerInnen. Warum Regie?

I&M: Wir haben da mal in unserem Konzept so einen wahnsinnig eloquent klingendenden Satz formuliert: „Wir wollen mehr sein als nur Umsetzende und Darstellende der Ideen Anderer, sondern mündige und selbstbestimmt schauspielerisch Schaffende.“ Mittlerweile stecken wir in der Endphase unserer Produktion und spüren jetzt, wieviel harte Arbeit dahinter steht. Aber für uns hat dieser Satz immer noch einen großen Funken Wahrheit. Selbstbestimmt Theater machen ist wirklich unglaublich beflügelnd und erfüllt uns nach jeder Probe aufs Neue.

TAKBlog: Erfüllung ist ein gutes Stichwort. Worum geht es bei der Regie für euch persönlich?

I&M: Ausprobieren. Ganz viel versuchen und schauen was möglich ist. Manchmal Risiken eingehen und Fehler machen. Weil dieser Rahmen uns ermöglicht, Fehler zu bemerken und daraus dann etwas Schönes zu schaffen.

TAKBlog: Dieser Rahmen, von dem Ihr sprecht, die Regieklasse, ist ein exklusives Stipendium der jungen Theatergemeinde Köln für TAK-SchülerInnen. Was reizt euch an der Theaterarbeit für junge Menschen?

I&M: Wir sind selbst jung. 20 und 21 Jahre alt. Im Stück sind unsere Themen. Die Fragen, die sich „junge Menschen“ stellen, das sind genau die Fragen, mit denen wir uns persönlich beschäftigen. Und das Spannende ist, dass diese Fragen Menschen lebenslang begleiten. In der Jugend wandelt man sich so sehr und spürt Veränderung sehr intensiv. Wir finden, dass genau dafür Theater da ist. Um sich mit Veränderung auseinderzusetzen.

Isabella Kolb studiert derzeit im zweiten Jahr Schauspiel an der Theaterakademie Köln

Isabella Kolb studiert derzeit im zweiten Jahr Schauspiel an der Theaterakademie Köln (Quelle: https://www.instagram.com/so_ein_theater/)

TAKBlog: Das klingt nach einem großen Anspruch. Was erwartet uns bei eurer Regie?

I&M: Eine lange Zahl, eine Kiste, viel Salz und sprachliche Fraktale. Wir kreisen da im wahrsten Sinne des Wortes um wichtige Themen unserer jugendlichen Existenz, wie man etwas anfängt, etwas aufhört, im Grunde alle Probleme, die wir beim Schreiben und Inszenieren, kurz gesagt im künstlerischen Prozess auch haben.

TAKBlog: Okay, versuchen wir es mal so: Worüber werden hinterher alle reden?

I&M: Über unsere spannende, herausfordernde Bühnensituation, für die wir uns auch ein bisschen mutig finden. Und hoffentlich noch mehr.

TAKBlog: Ihr macht es spannend. Was wird niemand verstanden haben?

I&M: Wir schwanken ja immer zwischen großer Kryptik und dem kleinen Erklärbär auf unserer Schulter, deswegen ist es total schwer, das jetzt schon zu wissen. Wir haben so ein paar Dinge, die wir sehr bewusst unklar lassen, damit unser Publikum frei assoziieren kann. Wir können eins sagen: Standort Süd-Nord.

TAKBlog: Was werden alle lieben?

I&M: Otto, weil wir alle einen kleinen Otto in uns haben und das auch echt gut so ist.

TAKBlog: A propos alle. Beschreibt uns doch Euer Ensemble einmal.

I&M: Vier Menschen mit einer Neugier und einem Tatendrang, der uns immer wieder berührt, weil wir selbst so viel Herzblut in dieses Projekt stecken. Vier Menschen, die sich jede Woche aufs Neue in einen Prozess werfen, um das was wir uns da ausgedacht haben, zu verstehen und darzustellen. Vier Menschen, die alle unglaublich individuell ihre eigene Note in dieses Stück geben. Wir sind jetzt schon wirklich sehr stolz auf unsere vier Salzbuckel.

TAKBlog: Was ist das Wichtigste, dass eure Mentorinnen Ragna Kirck (Regie) und Karoline Bendig (Dramaturgie) euch vermittelt haben?

I&M: Kommunikation ist alles. Also wirklich alles. ALLES. Man kommuniziert auch, wenn man nicht kommuniziert. Soviel zur Kommunikation. Außerdem eine große Auseinandersetzung mit der Frage: „Ist das gut?“ und der Erkenntnis, dass das einfach die falsche Frage ist. Wir lernen noch, wie wir die richtigen Fragen stellen, es geht ja darum, was wir erzählen wollen und wie wir das tun wollen.

Michael Mayer (Mitte) in "In 80 Tagen um die Welt", Quelle: https://www.theaterhagen.de

Michael Mayer studiert derzeit im dritten Jahr Schauspiel an der Theaterakademie Köln (Mitte in „In 80 Tagen um die Welt“, Quelle: https://www.theaterhagen.de)

TAKBlog: Euer Lieblingszitat aus dem Stück?

I&M: „Algen sind oft ganz menschenartig, also äußerlich. Von weitem. Seelisch eher weniger. Obwohl…“

TAKBlog: Das klingt alles nach einem vollen und herausfordernden Theaterabend. Inwiefern lernen wir euch persönlich kennen in eurer Inszenierung?

I&M: Das werden 70 Minuten in den Köpfen von Isabella K. und Michael M. So sehr lernt ihr uns kennen. Wir freuen uns auf alle, die zuschauen kommen. In diesem Sinne: Uff!

TAKBlog: Wir danke Euch für das Interview und wünschen viel Kraft für den Endspurt!


Das Salzbuckelparadigma, Artwork der Regie von Isabella Kolb und Michael Mayer, Quelle: Regieklasse

Das Salzbuckelparadigma, Artwork der Regie von Isabella Kolb und Michael Mayer, Quelle: Regieklasse

Das Salzbuckel-paradigma

Eine Geschichte über die Schwierigkeit, im Unsinn Sinn zu finden und dann noch etwas damit anzufangen.

Standort Süd-Nord. Im Mittelpunkt von Nichts. Das Wetter. Noch da.
Auf dem Schiff, das nicht mehr fährt, fristet die Crew, die nichts mehr tut, ihr Sein.

Man müsste etwas tun.

Das Schiffsmädchen hat noch ein Leben vor sich.
Die Kartografin will die Welt vermessen.
Und die Kapitänin wartet auf sich selbst.
Die letzte Kiste voller Papier hätte sicher schon längst irgendwo anders sein müssen.

Aber es wird ja doch nichts.

Ohne Kapitänsbefehl bleibt alles, wie es ist.
In der Zwischenzeit kann man fast bis an das Ende von Pi zählen.
3,1451 und so weiter. Das ist eine verdammt lange Zahl.
Und während Pi wächst, ohne dabei jemals mehr zu werden, entleert sich der Sinn des Daseins.
Irgendwann gibt es so etwas wie Sinn nicht mehr.
Dann schlägt jemand ein Loch in den Bug.

Schade, aber immerhin.

Abgetakelt und Ende.
Otto hat es richtig gemacht und ist zuhause geblieben.
Otto weiß nicht, dass Papier nicht singen kann.
Ottos einzige Freundin ist ein Nachtschattengewächs
Otto schreibt sich von hinten wie von vorne.
O-T-T-O

Eine Produktion der Regieklasse der Theaterakademie Köln in Kooperation mit der Jungen Theatergemeinde Köln


Premiere: 21. Mai 2019 / 19:30 Uhr

Weitere Vorstellungen: 22., 23., 24., 25. Mai 2019 / jeweils 19:30 Uhr

Kunsthaus Rhenania (Bayenstr. 28 / 50678 Köln)

Mit: Laura Engelhardt, Julia Hoffmann, Pascal Mester, Paulina Triebs

Regie & Text: Isabella Kolb, Michael Mayer
Dramaturgie: Katharina Rettich
Choreographie: Tatiana Feldman
Regieassistenz: Christoph Schilling
Produktionsleitung: Luisa Kammrad
Schauspielcoaching: Alexandra Hespe
Dramaturgie- und Regiecoaching: Karoline Bendig, Ragna Kirck

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